Montag, 24. April 2017

Gastrezension von jenvo82 zu Ein fauler Gott von Stephan Lohse




Preis: € 22,00 [D]
Einband:Hardcover
Seitenanzahl: 336
Altersempfehlung: -
Verlag: Suhrkamp
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„Die ewigen Jagdgründe musst du dir wie eine Lücke in der Zeit vorstellen. Dort wird Jonas ewig so bleiben, wie du ihn erinnerst.“
Inhalt
Als sein 8-jähriger Bruder Jonas stirbt, steht Benjamin an der Schwelle zur Pubertät. Nach einem Anfall im Schwimmbad, geht es dem Kleinen immer schlechter und schließlich stiehlt er sich klammheimlich aus dieser Welt, in der es für ihn noch so viel zu entdecken gab. Für Benjamin und seine Mutter Ruth beginnt nun eine andere Zeitrechnung, ein Leben, in dem ein geliebter Mensch einfach so fehlt und nur der Besuch auf dem Friedhof bleibt. Während Benjamin sich strukturiert mit der Sache auseinandersetzt und ihn seine Freunde, aber auch der Schulalltag vom Unglück ablenken. Verfällt seine alleinstehende Mutter immer mehr in eine Depression, die sie auch an Selbstmord denken lässt. Doch Benjamin steht ihr bei, weckt neuen Lebensmut in ihr und zeigt ihr, wie sie ihr jüngstes Kind weiterleben lassen kann, wenn auch nur in Gedanken und Erinnerungen an eine Zeit, in der Jonas noch unter ihnen weilte.
Meinung
Zum Thema Trauer, Sterben und dem Umgang der Hinterbliebenen mit der Lücke nach dem Tod eines geschätzten Menschen, habe ich dieses Jahr bereits zahlreiche Bücher gelesen. Ihnen allen war eins gemeinsam, sie konnten in mir Gefühle wecken, die mich gerührt haben, oftmals sogar zu Tränen. Nur „Ein fauler Gott“ reiht sich zu meinem Leidwesen nicht in diese traurig-emotionale Achterbahnfahrt der Gedanken ein.
In seinem Debütroman bleibt der Autor Stephan Lohse geradezu unheimlich sachlich und verpasst es damit, mein Leserherz zu überzeugen. Denn wenn man durch Trauer und Verlust überhaupt nicht berührt wird, sei es durch Gesten, Worte oder Taten, dann stellt sich mir die Frage, welcher Inhalt sich dem Leser erschließen soll?
In erster Linie jedoch, fehlt es diesem Roman an einer klaren Erzählstruktur. Immer wieder verliert sich der Autor in Nebenhandlungen, immer wieder ergreift er Erzählstränge, die für den Fortgang der Erzählung keine Bedeutung haben und schafft damit einen sehr zerfaserten, fast durcheinandergeratenen Text, dem ich nur mühsam folgen konnte.
Tatsächlich fand ich den Einstieg ins Buch noch am gelungensten, weil dort die Qualität der Formulierungen wirken kann, weil ersichtlich wird, wie schwer es den Protagonisten fällt, ihr Leben nach dem Tod des Angehörigen zu akzeptieren. Doch bereits nach wenigen Kapiteln konzentriert sich der Autor auf das Erwachsenwerden von Benjamin, eben jenem Jungen, der gerade seinen Bruder verloren hat.
Und mit dieser Haupthandlung verschwindet die Basis der Geschichte. Es folgen Eindrücke eines Pubertierenden, seine Erlebnisse und Probleme, Geschichten seiner Freunde, die erste Eroberung des weiblichen Geschlechts. Nur in minimalen Sequenzen schimmert die Aussage, die eigentliche Bedeutung des Textes durch und das war mir definitiv zu wenig.
Fazit
Ich vergebe 2 Lesesterne für einen Roman, der sich nur wenig an trauernde Menschen richtet dafür aber gekonnt das Leben eines Teenagers in den 70-iger Jahren beleuchtet. Wenn man keine emotionale Geschichte erwartet und sich auf das kunterbunte Geschehen einlassen mag, so findet man an der Schreibweise und der Geschichte mit Sicherheit mehr Gefallen, was auch die Mehrheit der Leserstimmen reflektiert. Mir hat dieses Buch leider nicht zugesagt, weil ich mir etwas vollkommen Anderes davon erhofft hatte.

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