Donnerstag, 24. November 2016

Gastrezension von jenvo82 zu Die Spionin von Paulo Coelho




Preis: € 19,90 [D]
Einband: Hardcover
Seitenanzahl: 192
Altersempfehlung:-
Verlag: Diogenes
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„Denn das habe ich immer gesucht: die Freiheit. Ich habe nicht die Liebe gesucht. Denn die Liebe kommt und geht – und ich habe ihretwegen Dinge getan, die ich nicht hätte tun sollen, und mich an Orte begeben, die ich besser gemieden hätte.“
Inhalt
Die schillernde Femme fatale Mata Hari, einst wunderschön und beneidet ebenso wie begehrt und berühmt schreibt aus dem französischen Gefängnis „Saint-Lazare“ einen Brief an ihren Anwalt, in Erwartung ihrer Strafe, die sich zwischen Begnadigung und Todesurteil entscheiden wird. Ein kurzer, skizzenhafter Abriss über ihr Leben, ihre Wünsche und Sehnsüchte ebenso wie getroffene Fehlentscheidungen, eine schriftliche Unschuldsbekundung und gleichermaßen ein bitteres Eingeständnis. Denn obwohl sie mitnichten eine deutsch-französische Doppelagentin im ersten Weltkrieg war, so lautete die Anklage, hat sie sich zahlreicher Verfehlungen hingegeben, deren einziger Initiator der Wunsch nach Anerkennung war. Und auch ihr Anwalt antwortet in einer Art Entschuldigungsschreiben, welches sie nicht mehr lesen wird, um ihr mitzuteilen, dass sie zur falschen Zeit am falschen Ort war und im gesamtpolitischen Hintergrundgeschehen keine gerechte Strafe erwarten könne. 
Meinung
Grundlegend muss ich sagen, dass Paulo Coelho zu einen meiner Lieblingsautoren zählt, der mich mit zahlreichen Romanen zum Nachdenken und Innehalten angeregt hat, schon allein deshalb war ich auf sein neues Buch so gespannt. Und schon nach den ersten Seiten des Buches wurde mir klar: hier gibt es zu wenig Platz, um die Geschichte rund um Mata Hari in allen Einzelheiten zu erzählen.
Umso treffender finde ich die Aussage, die der Autor im Nachwort des Romans liefert. Denn dieses Buch stellt nicht den Anspruch eine Biografie von Margaretha Zelle (später Mata Hari) zu sein, sondern fungiert eher als eine Art Einstieg, um vielleicht die Lust beim Leser zu wecken, genauere Recherchen anzustellen und sich ein eigenes Bild zu machen. Und das ist mit diesem wahrlich kurzen, skizzenhaften Briefroman sehr gut gelungen.
Coelho legt sein Augenmerk auf wenige, einschneidende Erlebnisse in Mata Haris Leben, die sie in die Arme der falschen Männer getrieben haben. Er setzt sich mit der Illusion auseinander, die eine Gefangene hat, die von ihrer Unschuld überzeugt ist. Er zeigt, wie sich ihr selbstgewähltes, exotisches Auftreten im Laufe der Jahre gegen sie gewandt hat, nachdem sie feststellen musste, dass es immer wieder hübschere, jüngere Tänzerin geben würde und ihr Stern am Himmel nicht unendlich strahlen würde. Glanz und Glamour hatten auch damals schon einen hohen Preis, insbesondere, wenn man fast blauäugig und an Selbstüberschätzung leidend versuchte, als emanzipierte Frau in einer männerdominierten Welt zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts, Fuß zu fassen. Dieser innere Zwang, es anderen zu beweisen und selbst im Angesicht des Todes eine gewisse Rolle zu spielen, hat mir die Person Mata Hari nähergebracht.
Der Schreibstil von Paulo Coelho liest sich flüssig und durch einige eingestreute Bilder und Zeitdokumente, wird der Text zusätzlich aufgelockert. Leider muss ich sagen, dass ich dieses Buch so gern gelesen habe, dass es mich schmerzt, wie wenig Textmaterial tatsächlich vorliegt. An so vielen Stellen hätte man in die Tiefe gehen können und gerade die historischen Zusammenhänge besser herausarbeiten können. 
Fazit
Ich vergebe 5 Lesesterne für einen interessanten, wenn auch kurzen biographischen Eindruck aus dem Leben einer selbstbewussten Frau. Ein Buch, welches mir die Person Mata Hari aus der Ich-Erzählperspektive heraus, schmackhaft machen konnte. Mein Interesse wurde auf jeden Fall geweckt. Zwischen den Zeilen verpackt der Autor seine Lebensweisheiten, die ich immer gerne herauslese, um sie mit meinen persönlichen Lebenserfahrungen zu vergleichen. Ein stiller, nachdenklich stimmender Roman, dem es leider an Umfang fehlte.



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